Bis Durba Spring waren es 532 km, die ich in 6 und 2 halben Tagen mit Annie bewältigt habe - Welten schneller als erwartet. Doch der Abschnitt von Durba bis hinter Well 19 zum Lake Disappointment sollte etwas spannender werden.
Der CSR Reiseführer sagt, dass auf diesem Abschnitt die Dünen zwar nicht die größten aber wohl die mit dem weichesten Sand sind. Der CSR Reiseführer ist jedoch fuer 4WD geschrieben und die haben auf den Geraden zwischen den Duenen leichtes Spiel und bleiben, wenn dann nur, an den Dünenkronen hängen. Wenn du mit dem Radl da draußen bist, kämpfst du mit den Geraden, weil du sowieso damit rechnest, an den Dünen zu schieben. Und so kämpfe ich auf Annie mit den Knardreifen an der untersten Luftdruck-Schmerzgrenze im Sanduhrensand. Eh, das kann was! Der Sand hat nahezu flüssige Konsistenz. Zum Glück hatte es stark gewindet und die Spuren sind teils gut zugeweht. Das trägt erstaunlich gut, wie Firn auf weicher Schneeschicht, birgt aber die Gefahr des Durchbrechens mit sich und macht so die ganze Sache zu einem lustigen Eiertanz. Und wenn du auf ein Stück Bulldust kommst, ist es sowieso aus und du fällst wie in ein Loch. Zum Glück hatte mir Leon das mit der besonderen Konsistenz in Durba am Lagerfeuer vorgelesen und genau erklärt. Sonst hätte ich in dem Abschnitt am Nordteil der CSR mit den großen Dünen gezweifelt und wäre eventuell raus aus der CSR gewesen!?
Nach dem Sanduhr-Sand kommt "Lake Disappointment" mit der einzigsten wasserführenden Flussdurchquerung, dem "Savory Creek" der gesamten CSR. Mich haut es wieder vom Hocker (Sattel ;-), zumal der "See Enttäuschung" (so benamst von Frank Hann als er 1897 enttäuscht war, kein Wasser darin zu finden) doch Wasser hat - unglaublich! Und je nördlicher ich komme, um so größer werden die Termiten- oder Ameisenhügel. Das sind richtige Felsbrocken in der Landschaft! :-)
Zwischen Well 21 und Georgia Bore entscheide ich mich für die deutlich weniger befahrenere Nordroute, um etwas der wilden Waschbrettpiste (Corrugation) zu entgehen. Und das war gut so! Kurz nach der Abzweigung geht es für ewig zwischen den Dünen entlang und wie ich da so vor mich hin radl, überholt mich keine 20 Meter neben mir im Busch eine Horde von 9 Kamelen? Schaut mich an, zieht vorbei und kreuzt kurz vor mir auf die andere Seite. Ich denk, ich bin im falschen Film! Ich bin zu langsam! Ich gebe Annie die Sporen und wir reiten gemeinsam für ca. 1h, 10km das Dünental dahin :-) Ein so einmaliges Erlebnis! Ich stoppe immer wieder und schaue und mache Fotos. Die Horde Kamele, macht das gleiche, nur ohne Fotos :-) Die Route kreuzt noch eine Bergbaustraße. Voll komisch, wenn du mitten im Nirgendwo so einen Schilderwald antriffst.
Bei Georgia Bore bis Well 24 kommt die CSR mit dem Talawana Track zusammen und die CSR hat bis Well 33 / Kunawarritji ihren am meisten befahrenen Abschnitt. Das hat die Hölle von Waschbrettpiste (Corrugation) zur Folge! Wirklich die Hölle!!! Sowas hab ich bist dato nicht unter den Reifen gehabt. Weicher Sand mit deutlich über 10 cm hohen Wellen (teils bis 15 cm) und ca. 3,5 Wellenberge auf einem Meter!!! Und weit und breit kein Entkommen. Ich frage mich das erste mal am Track, was ich da eigentlich mache, wie ich gequält am Schaukelpferd mit rasanten 5 km/h durch die Prärie stolpere?! Obendrein verliere ich noch einen Ersatzreifen auf der Knochenbrecher-Rüttelpiste. Wie ich das am Morgen beim Packen feststelle, lasse ich alles stehen und liegen und schwinge mich sofort auf Annie und düse zurück. Ich hatte in den Ersatzreifen aus Platzmangel in den Taschen mit jeweils 0.5 kg Honig in Flaschen eingewickelt und nun hatte ich die Vision, wie ein 4WD drüber fährt und meinen heißgeliebten Knard zerstört und mit Honig in Sand paniert :-) Zum Glück lag er nur 12 km die Hölle von Waschbrettpiste (Corrugation) hinauf lieblich und unversehrt am Track und sonnte sich gemütlich :-) Was fuer ein Schreck am frühen Morgen! Ohne zweiten Ersatzreifen wäre das da draußen eigentlich ein Showstopper. Aber bis dahin: Ende gut, alles gut :-)
Ich rolle in Richtung Well 26 und bin wieder glücklich und zufrieden und bekomm am Weg auch noch ein Curry geschenkt und es waren nur noch 95% autark :-)
Well 26 ist eine lange Mittagspause und Wasser fassen angesagt!!! Es geht gen Norden durch die Gibson Desert und das nächste Wasser gibt's erst wieder am Well 33 / Kunawarritji. Das liegt gute 200 km hinterm Horizont und ist somit das längste Stück ohne Wasser an der CSR. Ich entscheide mich für "weniger ist mehr" und lade nur 24 Liter ;-) Bei ca. 4 Liter Wasser je Abend für 1 Liter Pasta, 1 Liter Reis, 1 Liter Tee und Isogetränk am Lagerfeuer und 1 Liter die Nacht und den Café am Morgen und 3 Liter Wasser fuer den Tag bei den derzeitigen Temperaturen von 30-32 Grad muss ich in 3,5 Tagen da durch sein! Sportlich aber machbar ;-)
Auf halbwegs festem Grund ist die Beladung kein Problem, aber im Sand! Zitat Tagebuch: "Das viele Essen und die 24 Liter durchbrechen eine Schallmauer und ich versinke viel eher im Sand, Korrugation oft nur mit 5-7 km/h und Dünen muss ich schieben - oder eher Annie heben und tragen! Alter, das ist nicht viel mehr zum Steckenbleiben! So ist auch eher Feierabend, um durch Essen und Kochen Gewicht zu verlieren ;-)" Mit den 24 Litern fahre ich nur 31 km am Nachmittag. Am Morgen mit 4 Liter weniger läuft es deutlich besser. Es ist wirklich wie eine magische Schwelle , die dich über den Sand oder in ihn hinein gehen läßt! Man kann das fast mit einem Tragflügelboot vergleichen :-)
Und dann kommt die Begegnung der Giganten! ;-) Martin aus Dänemark fährt zur gleichen Zeit von Nord nach Süd und das Treffen auf halbe Strecke steht kurz bevor! Ich schiebe gerade mal wieder eine Düne hinauf und wie ich gerade so darüber schauen kann, steht Martin auf ca. gleicher Höhe mit dem Kopf über dem Lenker verschnaufend :-) So stehen zwei Nerds in der Mitte von der CSR auf einer Düne. Den halben Weg der CSR haben beide geschafft und die zweite Hälfte noch vor sich. Was redet man bei solch einem Treffen? Wie geht's? Machts Spaß? Warum CSR? -oder wieviel km am Tag? Wie schwer beladen und wieviel Wasser? Oder Austausch über Trackbeschaffenheit und Wasserqualität, die jeweils der andere zu erwarten hat? Macht alles irgendwie keinen Sinn da draußen in soch einem kurzen Augenblick. Zumal es für uns beide mit den 200 km das längste Stück ohne Wasserzugang ist und eigendlich beide schauen, schnell und ohne große Verzögerung da durch zu kommen ... Und so wird es richtig skurril! Wir stehen keine 3 Minuten auf der Düne und haben uns gerade mal so begrüßt, da kommt eine Horde lustiger älterer Herren in 4 WD's daher und knipsen, filmen und stellen alle diese wilden Fragen wild durcheinander: Wie viel dies und warum das! Essen? Obst? Wasser?.... Doch bei der Frage: "Moechtet ihr Softeis?" Werde ich hellhörig und kann es nicht fassen!!! Opa Tex hat eine Eismaschine an Bord und kommt mit Softeis in der Waffel daher!? Martin lehnt erst ab wegen "self supported" doch ich red ihm ins Gewissen, dieses einmalige Geschehen einfach passieren zu lassen! Und so muss die Begegnung der Giganten umgeschrieben werden in: Treffen sich zwei Buben zum Softeis schlecken im Sandkasten!? Und da waren es für mich nur noch 94% autark :-) So schnell, wie die Horde lustiger älterer Herren auftauchte, waren sie auch schon wieder dahin. Wir zwei tauschen Kontakt aus und fachsimpeln noch 5 Minuten und weiter geht's. Danach sehe ich noch lange Martins Spuren und vor allem lustig, Fußspuren auf den Duenenkronen. Wir steigen beide fast immer an den selben Stellen auf - nur in entgegengesetzter Richtung. Schaut dann im Sand so aus, wie wenn wer vorwärts hoch gegangen und rückwärts runter wäre :-)
Die letzten Meter Richtung Well 33 / Kunawarritji sind dann weniger lustig! Es hat auf einer der letzten Dünen wohl nicht ohne Grund ein Stopschild!? Hölle von Waschbrett (Corrogation) läßt mich vorzüglich entschleunigen und ich habe auch einige Stürze (Umfaller), da das Vorderrad bei 5 km/h auf der Krone der Buckel abklappt und überall hin will nur nicht gerade aus. Well 33 mache ich einen geplanten Ruhetag und fahre nur nach Kunawarritji zum Eis essen. Es gibt aber nur Fruchtwassereis. Ich versuche noch die geloggten GPS Daten meiner Uhr ins Netz zu laden aber das Netz ist zu instabil und bricht immer wieder ab. Am Well mache ich noch Futterinventur und führe noch über 22 Kg mit. Das sind gute 19 Tage Proviant aber nur noch 13 geplante Tage (inkl. 1 Pausentag an Well 46) bis Billiluna. Die Distanzen zwischen den Wasserstellen lassen aber keine kürzeren Tagesetappen zu. Wer soll das alles essen und vor allem schleppen?!? Beim Packen sehe ich, dass der vordere Gepäckträger einen Bruch an der Befestigung hat. "Ach das waren die Geräusche auf den letzten Metern Rüttelpiste." - aber das ist schnell mit Draht wieder festgerödelt ;-) Kurz vor Abreise kommt noch ein friedliches Kamel zum auf Wiedersehen sagen vorbei und ich mach mich gut gestärkt und ausgeruht auf den Weg.